From: Self To: Peter Baumann Subject: das mephistoproblem revisited I Date sent: Sun, 15 Oct 2000 18:43:57 +2 hei peter, du machst es mir ja nicht leicht, meiner neigung zur taegheit aussreichend nachzugeben. erst die lektion zu den phytagoraeern, die noch keines falls abgeschlossen scheint, bereite dich also darauf vor, dass ich darauf noch mal zurueckkomme, denn so leicht lasse ich mich nicht, durch die wiederholung des immergleichen (ist ja auch das thematische prinzip beim finnegan) zur ruhe bringen... und nun der teufel, oder genauer der geist dem manche den namen mephisopheles geben. zu anfang zugestanden, vom analytischen point of view kommt deine argumentetation schon recht fein, ja feinsinnig, daher. und in dieser form wuerde sie sogar den kriterien philosophischen denkens genuegen, die der teufel selbst aufstellte: Der Philosoph, der tritt herein Und beweist Euch, es müßt' so sein: Das Erst' wär' so, das Zweite so, Und drum das Dritt' und Vierte so, Und wenn das Erst' und Zweit' nicht wär', Das Dritt' und Viert' wär' nimmermehr. [(vgl. Goethe-HA Bd. 3, S. 63)] nur scheint es mir, dass mit dieser art des philosophierens im teuflischen sinn, denn doch dem teufel selbst nicht so recht beizukommen ist. zeigt nicht gerade die zitierte einschatzung mehr den satirischen, den ironischen teufel, den der mit augenzwinkern sagen will, na ihr seid mir schon so philosophen, euch hab ich durchaus durschaut... es klingt jedenfalls nicht so, als ob man unserem teufel viel mit solchen argumentationsformen vormachen koennte.. doch davon wollte ich doch erst in einer spaeteren mail schreiben, denn wie du dem titel dieser entnehmen kannst ist dies die erste zum mephistoprblem, und da wir in einer zeit der fortsetzungen leben, wird auf I sicher irgendwann mal II folgen (ich will mich jetzt noch nicht soweit vorwagen wie andere die gleich von sieben folgen reden oder gleich vom beginn an eine trilogie von trilogien denken - ausserdem glaube ich nicht, dass man mit philosophischen mails millionaer werden kann - [im gegensatz zu Rawlins oder Lucas]) nun worauf wollte ich hinaus, ... ach so, ich hab ja noch gar nicht gesagt womit ich beginnen will, sondern bin in lucasscher manier gleich in medias res - will heissen in die mitte gesprungen - gesprungen, das wort kann mich zum anfang fuehren, denn was kommt am anfang gesprungen, der pudel.. wir koennen also doch wohl sagen: am anfang war der pudel, und der pudel war ... ja und hier empfiehlt es sich einen moment inne zu halten. was war der pudel? oder wie fragt es sich so schoen scholastisch semiotisch: wofuer steht der pudel.. denn die naheliegende antwort auf die erste frage: ist doch klar, der pudel, das ist dieser mephisto.. verbietet sich doch wohl, denn zum einen wissen wir das ja am anfang noch gar nicht und zum anderen was heisst denn hier mephisto, oder was ist das, das den namen mephisto traegt.. ist das nicht gerade unsere hauptfrage und hauptfragen haben es so ansich, dass man sie nicht gleich am anfang beantwortet sondern, sich ihrer beantwortung erst im laufe der weiteren untersuchung langsam naehrt. also die erste frage ist warum ein pudel? nun, fragen wir anders welchen charkter versinnbildlicht der pudel am ehesten. hier moechte ich denn einen kenner des pudelischen zu wort kommen lassen, einen freund der wissenschaft, der auch unter der denuziatorischen neigung des pudels hatte leiden muessen, wer kann das anderer sein als der gute murr, der schreibt an einschlaegiger stelle ueber den pudel ponto im besonderen aber gemeint ist natuerlich der pudel im allgemeinen: "...daß ein unüberwindlicher Leichtsinn, ja ein gewisser Obermut es dem jungen Ponto unmöglich machte, in den Künsten und Wissenschaften etwas zu tun. Statt in Erstaunen zu geraten über meine Kenntnis, versi- cherte er, daß es gar nicht zu begreifen, wie ich darauf fallen können, mich mit derlei Dingen abzugeben, und daß er seinerseits, was Künste betreffe, sich lediglich darauf beschränke, über den Stock zu springen und seines Herrn Mütze aus dem Wasser zu apportieren, die Wissenschaften anfangend, er aber der Meinung sei, daß Leute wie ich und er sich nur den Magen dabei verdürben und allen Appetit gänzlich verlören." [Hoffmann: Lebensansichten des Katers Murr, S. 96. (vgl. Hoffmann-PW Bd. 5, S. 201-202)] und wie stehts beim goethe selbst? nun, da ist es wagner, der da ueber den seine enger werdenden kreise ziehenden hund, nach dem dieser sich den beiden wanderern genaehrt hat, sagt: WAGNER. Es ist ein pudelnärrisch Tier. Du stehest still, er wartet auf; Du sprichst ihn an, er strebt an dir hinauf; ... VERLIERE WAS, ER WIRD ES BRINGEN, NACH DEINEM STOCK INS WASSER SPRINGEN. FAUST. DU HAST WOHL RECHT, ICH ENDE NICHT DIE SPUR VON EINEM GEIST, UND ALLES IST DRESSUR. WAGNER. DEM HUNDE, WENN ER GUT GEZOGEN, WIRD SELBST EIN WEISER MANN GEWOGEN. JA, DEINE GUNST VERDIENT ER GANZ UND GAR, ER, DER STUDENTEN TREFFLICHER SKOLAR. [Werke: Faust. Eine Tragödie, S. 54. (vgl. Goethe-HA Bd. 3, S. 42)]: die wichtigste bemerkung ist hier doch wohl: ...nicht die spur von einem geist, und alles ist dressur. aber was das zu unserem mephistoprblem beitraegt.. und ob das ueberhaubt ein problem ist und wie sich der teufel aus den schlingen der analytischen philosophie befreien kann, die ihn in die schrecklichsten quaelendsten dillemata verstricken will.. das kommt vielleicht in der naechsten folge ... wenn nicht andere frage ploetzlich von groesserer bedeutung werden sollten. a. ps.: ich breche so ploetzlich ab, weil ich zum essen eingeladen bin und eigentlich schon zu spaet komme...